Rechte der Natur

Akteur:innen & Initiativen

 

Rechte der Natur

Akteur:innen & Initiativen

Die Stimme der Natur stärken: Die globalen Auswirkungen des International Rights of Nature Tribunals

von Jessica Tyrrell, Wild Law Institute, Kapstadt

Das International Tribunal of Rights of Nature („Internationales Tribunal der Rechte der Natur“), das von der Global Alliance for the Rights of Nature (GARN) initiiert wurde, ist eine wegweisende zivilgesellschaftliche Initiative. Das 2014 ins Leben gerufene Tribunal dient als öffentliches Forum, um die weit verbreitete Zerstörung der Erde zu thematisieren, und setzt sich für eine systemische Alternative zu konventionellem Umweltschutz und Gesetzen ein.

Dieses Forum ermöglicht es Menschen aus aller Welt, im Namen der Natur zu sprechen und Empfehlungen für den Schutz und die Wiederherstellung der Erde auszusprechen. Dabei fokussiert das Tribunal insbesondere darauf, indigenen Völkern die Möglichkeit zu geben, ihre spezifischen Anliegen und Lösungsansätze für Land, Wasser und Kultur mit der globalen Gemeinschaft zu teilen.

Das Tribunal, das sich aus renommierten Anwält:innen und führenden Vertreter:innen der Earth Jurisprudence zusammensetzt, befasst sich mit emblematischen Fällen, die vom Klimawandel bis zu Umweltverstößen reichen. Ihre Urteile und Empfehlungen werden auf der Grundlage der Universal Declaration of the Rights of Mother Earth (“Allgemeine Erklärung der Rechte von Mutter Erde”) formuliert und zielen darauf ab, Änderungsvorschläge voranzubringen, für eine Anerkennung des Verbrechens des Ökozids im Rahmen des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs.

Geschichte der Tribunale und ihre Auswirkungen

Das International Tribunal of Rights of Nature ist bereits fünfmal zusammengetreten:

  • Januar 2014, Quito, Ecuador, unter Vorsitz von Dr. Vandana Shiva.
  • Dezember 2014, Lima, Peru, unter Vorsitz von Alberto Acosta.
  • Dezember 2015, Paris, Frankreich, unter Vorsitz von Cormac Cullinan, während der COP21.
  • November 2017, Bonn, Deutschland, unter Vorsitz von Tom Goldtooth, während der COP23.
  • November 2021, Glasgow, Schottland, unter Vorsitz von Leonardo Boff, während der COP26.

Parallel dazu verhandeln und entscheiden die vom Earth Law Center (ELC) und seinen Partner:innen organisierten internationalen Rights of Nature People's Tribunals Fälle aus den Bereichen Umwelt und soziale Gerechtigkeit im RdN-Kontext.

Obwohl diese Tribunale keine formale rechtliche Befugnis haben, bieten sie differenzierte juristische Analysen, empfehlen Strategien zur Schadensbegrenzung auf der Grundlage der RdN und klären verschiedene Interessengruppen über die Prinzipien der Rechte der Natur auf.

Ziel ist es, auf der Grundlage bestehender rechtlicher Rahmenbedingungen und der Universal Declaration of the Rights of Mother Earth schließlich formale globale Autorität zu erlangen, um wirksam gegen Verletzungen der Rechte der Natur vorzugehen.

Die Entstehung der Rechte der Natur-Tribunale geht auf eine Vision der Global Alliance for the Rights of Nature zurück, die von internationalen Tribunalen um Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen inspiriert wurde. Die Tribunale sollen gesellschaftlichen Druck ausüben, die Entwicklung eines internationalen RdN-Rechts voranbringen und einen allgemeinen Bewusstseinswandel herbeiführen. Die noch junge Geschichte des Internationalen RdN-Tribunals umfasst Versammlungen an verschiedenen Orten der Welt, die jeweils von prominenten Persönlichkeiten der Umweltjustiz geleitet werden.

Obwohl die Tribunale nicht bindend sind, zeigt sich doch ihr Potenzial, Ergebnisse zu beeinflussen. Das vierte Tribunal, das in Bonn stattfand, befasste sich mit dem Fall einer geplanten Straße durch das bolivianische Nationalpark-Indigenenschutzgebiet TIPNIS („Territorio Indígena y parque nacional Isiboro Sécure“). Dieser Fall war besonders öffentlichkeitswirksam, und aufgrund der durch das Tribunal ausgelösten Medienberichterstattung stoppte der bolivianische Präsident Evo Morales das Straßenprojekt (vorübergehend). Das Tribunal entsandte im August 2018 eine Kommission von RdN-Experten von GARN zum TIPNIS, um die Bedingungen vor Ort zu untersuchen. Diese veröffentlichten einen Bericht über die Auswirkungen des vorgeschlagenen Straßenprojekts, der im Rahmen der Universal Declaration of the Rights of Mother Earthund anderer relevanter RdN-Rechtsdokumente vorgelegt wurde.

Regionale und lokale Initiativen

Zusätzlich zu den vier internationalen Gerichten haben zwei regionale und acht lokale Gerichte Anhörungen durchgeführt. Zu diesen gehören:

  • Zwei Anhörungen in Quito zum Yasuní-ITT-Nationalpark in Ecuador (11. April 2014 - geleitet von Boaventura de Sousa Santos; und 15. August 2014, geleitet von George Caffentzis);
  • Zwei Anhörungen in der San Francisco Bay Area, die erste gegen Chevron (5. Oktober 2014, geleitet von Anuradha Mittal) und die zweite für das Delta-Ökosystem (20. April 2016, unter Beteiligung von Pennie Opal Plant, Liz Hosked, Gary Mulcahy und Tim Stroshane); und
  • Eine erste Anhörung in Brisbane, Australien, zum Great Barrier Reef (15. Oktober 2014, unter Beteiligung prominenter australischer Wissenschaftler:innen und Jurist:innen).
  • Das Europäische Tribunal for the Rights of Aquatic Ecosystems(„Tribunal für die Rechte an aquatischen Ökosystemen“) fand 2021 statt und verhandelte fünf Fälle: Mer de Glace, Französisch-Guayana, den Vätternsee, die Flüsse des Balkans, und Marseille.
  • Die Einrichtung eines ständigen regionalen Tribunals in Australien, das am 22. Oktober 2016 seine erste vollständige Anhörung abhielt. Dieses Tribunal ist einzigartig in Australien, denn es ist das erste Mal, dass indigene und nicht-indigene Völker gemeinsam für die Natur eintreten und eine Änderung des Rechtssystems fordern, um die Rechte der Natur anzuerkennen.
  • Eine lokale Anhörung in Yucatan, Mexiko, vom 9. bis 14. März zum Fall des Tren Maya-Eisenbahnprojekts. Die geplante Erschließung der Eisenbahnstrecken stellt eine ernste Gefahr für die lokalen Ökosysteme und Communities dar.

Das International Tribunal of Rights of Nature stellt eine transformative Kraft in der Umwelt-Interessensvertretung dar. Das Tribunal hat Stimmen auf der ganzen Welt, insbesondere von indigenen Völkern, dazu ermächtigt, von der Zerstörung der Erde zu berichten. Mit seinem ganzheitlichen Ansatz, der die intrinsischen Rechte der Ökosysteme anerkennt und sich an der Universal Declaration of the Rights of Mother Earth orientiert, schafft es wirkungsvolle Präzedenzfälle. Das Engagement für die Stärkung der internationalen RdN-Rechtssprechung, und damit für die Wahrung der Lebensqualität des Planeten, die Erhaltung der biologischen Vielfalt und der Dynamik der Ökosysteme bleibt das zentrale Vermächtnis des Tribunals.

 

Jess Tyrrell ist Operations Officer am Wild Law Institute. Ihre Leidenschaft gilt dem Zusammenspiel zwischen Gemeinwohl und Umweltschutz. Mit einem Fokus auf Inklusivität unterstützt sie aktiv Programme zur Förderung des Umweltbewusstseins und der Eigenverantwortung in marginalisierten südafrikanischen Gemeinden.

Aus dem Englischen übersetzt von Imke Horstmannshoff.

 

Links & Literatur